Starke Worte gegen Antisemitismus
Ökumenischer Kirchentag beginnt mit starken Worten gegen Antisemitismus
Zu Beginn des 3. Ökumenischen Kirchentages warnen der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Peter Feldmann, und die Präsident*innen des ÖKT eindringlich vor antisemitischem Gedankengut und antijüdischen Gewalttaten. Sie verurteilen jüngste Ausschreitungen in mehreren Städten Deutschlands.
FRANKFURT. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Gewalt in Nahost und den damit verbundenen antisemitischen Aktionen in Deutschland und der Bedrohungen jüdischer Mitbürger*innen erklären ÖKT-Präsidentin Bettina Limperg und ÖKT-Präsident Thomas Sternberg gemeinsam: "Die Bilder, die uns seit einigen Tagen aus Israel und Palästina erreichen, sind erschreckend und wecken schmerzhafte Erinnerungen an die vielen blutigen Ereignisse eines scheinbar nie enden wollenden Konfliktes. Wir hoffen auf Frieden im Heiligen Land, das diesen so dringend nötig hat. Versöhnung ist ein langer Prozess, aber er beginnt immer mit dem Schweigen der Waffen auf beiden Seiten."
Bestürzt und empört
"Gleichzeitig sind wir bestürzt und empört darüber, dass der Nahost-Konflikt zum wiederholten Male zur Bedrohung für Jüdinnen und Juden hier in Deutschland wird, indem er zum Anlass genommen wird, antisemitische Haltungen offen zur Schau zu stellen und auch entsprechende Taten folgen zu lassen. Die Angriffe auf die Synagoge in Bonn, das Verbrennen von Israelflaggen vor der Synagoge in Münster oder die gebrüllten Hetzparolen in Gelsenkirchen sind alarmierend. Es handelt sich dabei um die verabscheuungswürdige Diffamierung von Angehörigen der jüdischen Religion und Kultur. Vor diesem Hass dürfen wir die Augen nicht verschließen oder ihn klein reden. Als Christ*innen treten wir ihm entschlossen entgegen. Gemeinsam. Es ist eine ökumenische Aufgabe, unsere jüdischen Geschwister im Kampf gegen den Antisemitismus zu unterstützen. Gemeinsam müssen wir nach Wegen zu suchen, um Vorurteilen zu begegnen, Gewalt, Hass und Hetze zu besiegen und für ein friedliches und respektvolles Miteinander in unserem Land einzutreten."
In der auf dem digitalen ÖKT am heutigen Freitag um 12.30 Uhr ausgestrahlten Veranstaltung "Was tun wir gegen Antisemitismus?" fand auch der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, deutliche Worte und rief zu einem gesamtgesellschaftlichen Einsatz gegen Antisemitismus auf: "Je früher der Kampf gegen Antisemitismus auf allen Ebenen unserer Gesellschaft einsetzt, desto besser. Das eine Allheilmittel gegen Antisemitismus gibt es nicht, deshalb müssen wir mit unterschiedlichen Mitteln und auf ganz vielen Ebenen den Kampf gegen Antisemitismus fortsetzen und dürfen nicht resignieren."
An der Veranstaltung nahmen außerdem Marina Chernivsky, Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Prävention und Empowerment, Benjamin Fischer, Programmmanager der Alfred Landecker Stiftung und die Antisemitismusbeauftrage der Europäischen Union, Katharina von Schnurbein, teil. Schnurbein bestätigte, dass der Antisemitismus in ganz Europa zunimmt: "Europaweit ist die Situation leider ähnlich wie in Deutschland: Der Antisemitismus steigt. Unsere eigenen Berichte zeigen, dass 2019 europaweit 3000 antisemitische Hassverbrechen verzeichnet wurden. Und das ist nur die Spitze des Eisberges, die Dunkelziffer ist weit höher. Wir haben schon viel vorangebracht in Deutschland und Europa, aber es ist nicht genug. Wir müssen größere Sicherheit für die jüdischen Gemeinden in Deutschland schaffen, damit sie ihre Zukunft auch hier sehen."
Frankfurt als Mittelpunkt des jüdischen Kulturlebens in Deutschland
Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann eröffnete die Veranstaltung, indem er die Bedeutung Frankfurts als Mittelpunkt des jüdischen Kulturlebens in Deutschlands betonte: "Kaum eine Stadt in Deutschland wurde so sehr von ihrer jüdischen Gemeinde geprägt wie Frankfurt." Auch er warnte eindringlich vor den Gefahren des alltäglichen Antisemitismus: "Frankfurt ist keine Insel der Glückseeligen. Antisemitismus ist auch in unserer Heimatstadt immer noch Teil des Alltags. Die AfD ist in Frankfurt nicht so stark wie anderswo, aber sie ist, genauso wie antijüdisches Gedankengut, in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Rechtsradikalismus und Antisemitismus sind die größte politische Bedrohung unserer Zeit. Die wichtigste Waffe gegen die menschenfeindliche Ideologie sind politische Bildung und die Demokratisierung von Staat und Wirtschaft."
Im Programm vorangegangen war die Veranstaltung "Gedenken zu Beginn", die die gesamte Geschichte jüdischen Lebens in Frankfurt und die Leiden durch die Shoa in den Blick nahm. Neben den ÖKT-Präsident*innen Limperg und Sternberg setzten hier der katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz, der evangelische Stadtdekan Achim Knecht, Rabbiner Julian-Chaim Soussan und der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Marc Grünbaum, ein starkes Zeichen gegen antijüdisches Gedankengut, Hetze und Gewalt.